Stadtmarke im digitalen Zeitalter

Im harten Standortwettbewerb bedarf es des Einsatzes eines Instrumentes, das einer Stadt die notwendige Alleinstellung in der Wahrnehmung der unterschiedlichen Zielgruppen verschaffen kann. Nur eine einzigartige Standortpositionierung in Form einer identitätsorientierten Dachmarke ermöglicht es, die vorhandenen Alleinstellungsmerkmale hinsichtlich der Wettbewerbsvorteile klar zu kommunizieren.

Jedoch der Aufbau einer identitätsorientierten Stadtmarke ist ein sehr komplexer Kommunikationsprozess und kann nur mit Hilfe einer innovativen und multimedialen Kommunikationsstrategie gelingen. Und vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und dem veränderten Mediennutzungsverhalten der Konsumenten, müssen bestehende Ansätze des Markenmanagements von Städten überprüft und entsprechend angepasst werden. Aus diesem Grund wird die Online-Stadtmarkenkommunikation oft als klassische Stadtmarkenführung unter erschwerten Bedingungen bezeichnet. Alte Richtlinien und Theorien sind nicht überflüssig, müssen aber an die neuen Voraussetzungen der Online-Stadtmarkenkommunikation angepasst werden. Dabei dürfen die digitalen Medien nicht isoliert von den traditionellen Kommunikationsmedien betrachtet werden. Vielmehr muss das Stadtmarketing in allen Medien eine klar definierte Stadtmarkenidentität darstellen und ein homogenes Erscheinungsbild der Stadtmarke (Markenbild) nach innen und außen gewährleisten. 

Wesentliche Erfolgsfaktoren sind für eine professionelle und vor allem nachhaltige Online-Stadtmarkenkommunikation zu beachten. Dabei werden die Erfolgsfaktoren in drei Gruppen unterteilt:

Erfolgsfaktoren in der Organisation des Stadtmarkenmanagements

  • Die internen Organisationsstrukturen des Stadtmarkenmanagements müssen an die Dynamik der digitalen Medien, das Nutzerverhalten und die Vernetzung der aktuellen Kommunikationsrealität angepasst werden. Nur so kann das Stadtmarkenmanagement effektiv und zielorientiert handeln. 
  • Speziell bei der Geschäftsführung der Stadtmarketing-Organisation muss ein Bewusstsein für den Stellenwert der digitalen Medien geschaffen werden, wie sich diese auf die Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen auswirken. 
  • Wesentliche Voraussetzungen wie Budget, Zeit und personelle Ressourcen müssen in notwendigem Maße für die digitalen Medien und für die gesamte Online-Stadtmarkenkommunikation bereitgestellt werden. 
  • Die mittelfristige Zielsetzung muss sein: Ungefähr die Hälfte des gesamten Kommunikationsbudgets ist für die Neuen Medien zu verwenden. 
  • Das Stadtmarkenmanagement muss eine langfristige, multimediale Kommunikationsstrategie mit klaren Zielen, Zielgruppen und Zielmärkten verfolgen. Denn die Etablierung einer starken Stadtmarke ist ein mehrjähriger Prozess. 
  • Es muss ein Stadtmarkenmanagement entstehen, in dem die Online-Medien in die verschiedenen Fachbereiche der Stadtmarketing-Organisation und den dazugehörigen Organisationseinheiten eingegliedert werden, Verantwortlichkeiten klar zugeteilt sind und die interne Kommunikation geregelt ist. 
  • Eine effiziente und zielorientierte Online-Stadtmarkenkommunikation kann nur dann gelingen kann, wenn auch die innerbetriebliche Prozesskette auf die Herausforderungen der Neuen Medien abgestimmt wird. 
  • Bei der Optimierung der Prozesskette geht es nicht nur um eine moderne Verbindung bekannter Abläufe, sondern auch um die Implementierung ganz neuer Kommunikationswege und Prozesse. 
  • Die Eigenschaften der Neuen Medien müssen bei der Planung zukünftiger Prozessketten unbedingt mit berücksichtigt werden. Speziell die Eigenschaften wie Reaktionsfähigkeit, Aktualität und Innovation sind zu integrieren.

Medienspezifische Erfolgsfaktoren 

  • Die Stadtmarketing-Organisation sollte diesen Evolutionsprozess systematisch vollziehen und somit brachliegende Stadtmarkenpräsenzen verhindern. 
  • Der optimale Entwicklungsprozess der Online-Präsenz einer Stadtmarke kann in drei Stufen eingeteilt werden. Die erste Stufe bildet der Aufbau einer Informationsplattform in Form eines Webauftritts im Responsive Design mit den entsprechenden Landing Pages. Der Internetauftritt ist die Basis für alle anderen Online-Medien. Auf der zweiten Stufe entwickelt sich die Markenpräsenz durch Kommunikationsaktivitäten zur Kommunikationsplattform. Dabei entsteht eine Markenplattform, die zahlreiche Informationen und Unterlagen zur Stadtmarke anbietet und auf die jeweiligen Zielgruppen eingeht. Hat das Stadtmarkenmanagement diese beiden Stufen gemeistert, kann sie sich in Stufe drei, der Dialogplattform des Web 2.0, dem persönlichen Kontakt mit dem User stellen und in einen Dialog treten. 
  • Die verschiedensten Online-Medien sind für ein erfolgreiches Stadtmarkenmanagement einzusetzen: Website mit einem eigenen Download-Server mit allen Informationen und Unterlagen zur Stadtmarke, Content Marketing, Apps mit Geo-Targeting, Owned-Media-Kanäle, eNewsletter, RSS-Feeds, digitales Magazin, Earned Media, Social Media mit Newsgroups und Communities, WhatsApp, Blogs, Facebook, Xing, Twitter, You-Tube-Channel, Imagevideos, etc. 
  • Die Interaktivität als besondere Eigenschaft des Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Kommunikation einer einzigartigen Stadtmarkenidentität. Diese stellt das größte Potenzial für die Online-Stadtmarkenkommunikation dar.  
  • Aus Sicht der Online-Stadtmarkenkommunikation ist der Dialog die bedeutendste Ausprägung der Interaktivität. Dialoge führen die Stadtmarke so nah wie möglich an die Kunden heran. Sie geben dem Stadtmarkenmanagement die Chance, sich in der Online-Welt aus der anonymen Massenkommunikation heraus zu bewegen („One-to-One“-Kommunikation). 
  • Die Leistungen der Stadtmarke müssen laufend spannend aufbereitet und der konkrete Nutzen mit Emotionen verbunden werden. Es muss permanent ein Mehrwert der Stadtmarke geschaffen werden. Und es sind qualitativ hochwertige Kommunikationsinhalte im Sinne der Stadtmarkenidentität zu schaffen. Aber nicht jeder Content ist ein guter Content. 
  • Das Hauptziel des Mehrwerts ist, die User auf die gewünschten Präsenzen der Stadtmarke zu führen und die Verweildauer auf diesen zu erhöhen, um die emotionale Bindung zwischen dem User und der Stadtmarke zu stärken. 
  • Die Online-Medien sind prädestiniert für diese Art der Kundenbindung, denn diese vereinen Eigenschaften in sich wie Multimodalität, eine hohe Benutzerfreundlichkeit, die technische und persönliche Interaktivität sowie räumliche und zeitliche Unabhängigkeit. 

Erfolgsfaktoren der Stadtmarkenkommunikation 

  • Die Mitarbeiter der Marketinggesellschaft nehmen eine besondere Schlüsselrolle ein. Sie prägen als „Stadtmarkengesicht“ die Eindrücke und Markenbilder im Kopf des Konsumenten mit. 
  • Die Stadtmarke wird durch den Kontakt mit „realen“ Menschen als wesentlich authentischer wahrgenommen. 
  • Die Herausforderung der Geschäftsführung der Stadtmarketing-Organisation liegt darin, die Mitarbeiter im Sinne der Stadtmarke so gut wie möglich auf den Dialog mit den Kunden vorzubereiten. Und damit wird eines der stärksten Stadtmarkentools entwickelt. 
  • Für eine erfolgreiche Online-Stadtmarkenkommunikation müssen die Authentizität und Unverwechselbarkeit der Stadtmarke im Vordergrund stehen. 
  • Bei der Präsenz einer Stadtmarke in der Online-Welt darf keinesfalls der Eindruck zweier parallel existierender Stadtmarken entstehen. Vielmehr muss die Online-Präsenz der Stadtmarke mit der Offline-Präsenz zu einer Einheit verschmelzen. Dabei muss aus der Sicht der Online-Welt in die Offline-Welt gedacht werden. 
  • Bei der Übertragung der Stadtmarke in die Online-Welt spielt die Einheitlichkeit eine wesentliche Rolle. Aber Einheitlichkeit bedeutet nicht, dass die Stadtmarkenkommunikation der Offline- und Online-Präsenz in Form und Inhalt identisch gestaltet werden müssen. Denn Ideen in die Online-Welt zu übernehmen, ohne medienspezifische Mehrwerte zu schaffen, ist der falsche Weg. 
  • Bei der Stadtmarkenkommunikation geht es vor allem um die Vernetzung und Stimmigkeit der Aktivitäten hinsichtlich der Stadtmarke im Sinne von „One-Face-to-the-Customer“. Nur so kann das konsistente Markenerlebnis über formale, inhaltliche und zeitliche Elemente der Einheitlichkeit sichergestellt werden. 
  • Oberste Priorität ist, ein leicht wiedererkennbares Erscheinungsbild der Stadtmarke zu schaffen. 
  • Die Online-Stadtmarkenkommunikation ist präzise und gezielt mit der Stadtmarke, den Marketingzielen und der Zielgruppe abzustimmen. 
  • Die Online-Präsenz der Stadtmarke ist ein Evolutionsprozess, bei dem es vor allem darum geht, die Möglichkeiten der Stadtmarke in den digitalen Medien einschätzen zu lernen und unter Berücksichtigung der Erfahrungen permanent weiterzuentwickeln. 
  • Das Controlling der Online-Stadtmarkenkommunikation muss konsequent und permanent durchgeführt werden. Dabei sind unterschiedliche Controlling-Instrumente für die einzelnen digitalen Medien einzusetzen. 

Sind diese Herausforderungen gelöst, eröffnen sich für das Stadtmarketing neue Möglichkeiten, um mit den Kunden einzigartige Beziehungen einzugehen. Wie auch in der klassischen Markentheorie, spielt das Management der Kundenbeziehungen in den digitalen Medien eine wichtige Rolle, um langfristig erfolgreich zu sein. Im Zeitalter der Massenkommunikation, wo Informationen lediglich in eine Richtung flossen, war es für das Stadtmarkenmanagement nicht möglich, eine individuelle Ansprache für die Gesamtheit ihrer Zielgruppen zu realisieren. Die digitalen Medien hingegen bieten nun die große Chance, Konsumenten ganz individuell anzusprechen, Kundenprofile zu erstellen und mit jedem Kundenkontakt weiter zu verfeinern. Und mit den gesammelten Daten können individualisierte Angebote unterbreitet und eine intensive Stadtmarken-Kunden-Beziehung aufgebaut werden.

EGGER & PARTNER hat im Stadtmarketing/Standortmarketing 200 Gemeinden, Städte und Regionen in Österreich, Deutschland und der Schweiz erfolgreich betreut. Einen Auszug der Referenzliste „Standortentwicklung/-marke“ finden Sie hier

Literatur:

 

Autoren Thomas Egger, M.Sc. und Claudia Hois, M.Sc.
Geschäftsführung der EGGER & PARTNER - Beratungsunternehmen für Stadt-/Standortmarketing sowie die Entwicklung/Führung von Stadt-/Standortmarken. Mehr als 200 Gemeinden, Städte und Regionen in Österreich, Deutschland und der Schweiz wurden erfolgreich beraten.

Ziel des Buches ist es, den Einsatz der digitalen Medien beim Markenmanagement von Städten und die Erfolgsfaktoren in der Stadtmarketing-Praxis zu untersuchen. Dazu wird die Ausgangssituation beschrieben, welche Online-Stadtmarkenkommunikation bereits zum Einsatz kommt. Ausgehend von der allgemeinen Theorie der Marke und der identitätsorientierten Stadtmarke sowie der Theorie der Neuen Medien und der Online-Markenkommunikation werden die Erkenntnisse für den Praxiseinsatz in den Städten diskutiert. Diese Erkenntnisse sowie Fallstudien über das Stadtmarkenmanagement liefern die Basis für den Leitfaden eines empirischen Experteninterviews. An den Fallbeispielen werden die digitalen Medien, die bereits von den Stadtmarketing-Organisationen eingesetzt werden, und die wesentlichen Erfolgsfaktoren für die Online-Stadtmarkenkommunikation aufgezeigt. Daraus werden abschließende Erkenntnisse für die künftige Praxis der Online-Stadtmarkenkommunikation abgeleitet.

AV Akademikerverlag
136 Seiten, kart.
ISBN 978-3-639-88912-3
€ 36.90,--

Detailinformationen zum neuen Buch „Stadtmarketing und digitale Medien“ finden Sie hier

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